Quantitative Analyse II: welche Ausschüsse beackerte die Fraktion 2013?

Nach der Betrachtung der Anträge und Anfragen im Jahr 2013 nun eine Analyse der inhaltlichen Aspekte. Im Jahr 2012 waren die Piraten vor allem in den Bereichen Bürgerbeteiligung und Stadtplanung aktiv gewesen, die jeweils ca. ein Drittel der Piratenanträge stellten. Das restliche Drittel verteilte sich auf die anderen Ausschüsse.

Im Vergleich dazu zeigt das Jahr 2013, dass sich die Arbeit der Piraten diversifiziert hat. Stadtplanung und Bürgerbeteiligung sind immer noch die Ausschüsse, die die Piraten am stärksten bespielen. Im Vergleich zu 2012 haben aber der Verkehrssausschuss und der Haushaltsausschuss dazugewonnen.

Die folgenden Grafiken zeigen die Verteilung der Piratenanträge und -resolutionen auf die Ausschüsse. Die erste Grafik zählt jeden Antrag in jedem Ausschuss voll, egal in wieviel Ausschüsse er überwiesen wurde. Die zweite Grafik zählt Anträge, die in 2 Ausschüsse überwiesen wurden, halb, bei 3 Ausschüssen 0.33 usw.

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Im Vergleich zu den Daten 2012 zeigt deutlich die Zunahme der Relevanz des Haushaltsausschusses sowie die zunehmende Beachtung auch der anderen Ausschüsse

ausschuesse_bar2012

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Rohdaten

 

Bürgerbeteiligung Stadtplanung Haushalt Verkehr Queer kein Ausschuss Schule Kultur Jugendhilfe Sport Ordungsamt Soziales Gesundheit
16 18 15 9 2 3 2 4 1 2 3 2 1
12 15 10.33 4.66 0.83 3 1 3 0.5 0.83 1.83 1.5 0.5

Quantitative Analyse der Arbeit der Piratenfraktion in der BVV 2013

Vor gut einem Jahr  erschien hier eine quantitative Analyse der Arbeit der Piraten im Jahr 2012. Wesentliche Ergebnisse waren, dass die Piraten wesentlich mehr Anträge einreichen als andere Bezirksverordnete, dafür aber weniger Anfragen stellen. Nun ist wieder ein Jahr um, und man kann schauen, ob sich dies im Jahr 2013 verändert hat.

Zuerst die Sitzverteilung in der BVV, um eine Vorstellung der relativen Stärke der Fraktionen zu haben

Sitzverteilung in der BVV

Die Grünen stellen die größte Fraktion, gefolgt von SPD, Linken, Piraten und CDU.

Anträge

Auch bei den Anträgen haben die Grünen die meisten eingebracht, gefolgt von der SPD. Die Piraten liegen selbst in absoluten Zahlen vor der Linkspartei, obwohl letztere 2 Verordnete mehr hat.

Anzahl der Anträge pro Fraktion 2013

Auf Fraktionsgröße umgerechnet ergibt sich folgendes Bild

Anträge pro BVO

Die Piraten sind also weiterhin stark im Stellen von Anträgen. Zurückgezogene Anträge sind hierin nicht enthalten

Im Vergleich zu 2012 zeigt sich, dass die Piraten ihre Stärke noch weiter ausbauen konnten, wohingegen die anderen Fraktionen größtenteils abbauten

Veränderung der Anzahl Anträge pro BVO

MündliChe Anfragen

Auch bei mündlichen Anfragen sind die Grünen als größte Fraktion in absoluter Anzahl führend, liegen aber nur knapp vor der SPD. Die Piraten liegen als Letzte noch hinter Linkspartei und CDU.

Anzahl Anfragen pro Fraktion

Dies ändert sich nicht, wenn man die Fraktionsgröße miteinbezieht

Anfragen pro BVOIm Vergleich zu 2012 zeigt sich aber, dass das Problem erkannt wurde und eine steigende Tendenz festzustellen ist.

Entwicklung der Anfragen pro BVO 2012/3

 

Zurückgezogene Anträge

2012 waren die Piraten führend in zurückgezogenen Anträgen. Dies war auch 2013 wieder der Fall. Auf den ersten Blick erscheint dies dilettantisch, bei genauerer Betrachtung wurden die Anträge aber zurückgezogen, weil das Ziel bereits erreicht worden war. So wurde die Bürgerinitiative zum Hellweg-Baumarkt mit 7 Anträgen unterstützt. Dadurch wurde soviel politischer Druck erzeugt, dass der Geist der Anträge schon vor Beschließung von der Verwaltung und dem Investor umgesetzt wurde. Das Zurückziehen der Anträge ist hier vielmehr als besonderer Erfolg zu werten, da eine Befassung gar nicht mehr nötig war. Umgekehrt wäre ohne Einreichung der Anträge das Ziel besserer Bürgerbeteiligung mit Sicherheit nicht erreicht worden.

Ein weiterer Block zurückgezogener Anträge betrifft die Verabschiedung des Haushalts. Hier war extrem wenig Zeit zur Durcharbeitung eines sehr komplexen Sachverhalts, was schon grundsätzlich aus demokratischer Sicht problematisch ist. Die einzige Chance bestand hier aufgrund der Fristlage in Schnellschüssen. Fehlinformationen des Bezirksamts zur steuerrechtlichen Beurteilung waren ebenfalls nicht hilfreich. Die Piratenfraktion hätte es vorgezogen, den Haushalt gründlich durcharbeiten zu können, dies war aber aufgrund des Volumens und der Kürze der Zeit unmöglich. Die Piratenfraktion fordert, dass in Zukunft der Haushaltsentwurf früh genug verbreitet wird, um sich eingehend mit ihm zu beschäftigen.

Interpretation

Bei der Wahl 2011 blieben 4 der 9 Piratensitze unbesetzt. Durch das Modell  „Fraktion Plus“, das mittlerweile 10 weitere Piraten einbindet, kann dies aber in der Antragserstellung und zunehmend auch im Formulieren von Anfragen ausgeglichen werden.

Schlussbemerkung: eine quantitative Analyse ist hilfreich, um Tendenzen zu erkennen, ist aber in sich nicht ausreichend, um die politische Arbeit abschließend beurteilen zu können. Ein einzelner Antrag zum Personalwesen kann wesentlich mehr Arbeit machen, als diverse Anträge zur Geschäftsordnung

Rohdaten

Sind die Piraten in der BVV Xhain fleißig?

Man fragt sich ja vor einer Wahl, ob die Parteien in den Parlamenten wirklich arbeiten werden oder eher Däumchen drehen.
Hier eine Übersicht der von den Fraktinonen der BVV Xhain eingebrachten Drucksachen des Jahres 2013, auch im Verhältnis zur Größe der Fraktionen:

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Verordnete Drucksachen Schnitt
Grüne 22 99 4,5
SPD 13 74 5,7
Linke 7 29 4,1
Piraten 5 48 9,6
CDU 4 21 5,3
51 271 5,3

Fazit: Output pro BV ist ungefähr doppelt so hoch bei Piraten. CDU ist Durchschnitt, SPD leicht drüber, Grüne und Linke eher faul.

Quelle: http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/bvv-online/vo040.asp?showall=true

Quantitative Analyse II: welche Ausschüsse beackert die Fraktion?

Im letzten Post habe ich dargestellt, welcher Instrumente sich die Piraten in der BVV vorzugsweise bedienen, und welche sie weniger nutzen. Die Datenlage erlaubt auch, Schwerpunkte des Fraktionshandelns festzustellen. Anträge der Piraten wurden in folgenden Ausschüssen behandelt.

 

Es zeigt sich, dass wie erwartet Bürgerbeteiligung und Transparenz ein Schwerpunkt der Piratenarbeit sind. Überraschend ist, dass Stadtplanung an zweiter Stelle steht. Beim Block Inklusion, Migration und Queer, der das Piratenthema Teilhabe behandelt, konnten die Piraten bisher noch nicht mit Masse punkten. Wie schon im letzten Post erwähnt, kann natürlich ein Antrag wie der zum anonymisierten Bewerbungsverfahren wesentlich mehr Aufwand machen als 5 Anträge auf Änderung der Geschäftsordnung, so dass auch hier die Statistik mit Vorsicht zu interpretieren ist. Die Grafik zeigt dennoch sehr deutlich, in welchen Bereichen noch Potential zum Klarmachen zum Ändern ist.

 

Rohdaten:

Bürgerbeteilung & Transparenz 13,83
Stadtplanung 12,5
kein Ausschuss 4
Haushalt 3,25
Immobilien 2,5
Wirtschaft 1
Inklusion 0,75
Migration 0,57
Queer 0,57
Soziales 0,5
Jugendhilfe 0,5

Jeder Antrag zählt 1,0, bei Überweisung in mehrere Ausschüsse entsprechend aufgeteilt. Anträge, die ohne Überweisung direkt in der BVV behandelt wurden zählen als 1,0 in „kein Ausschuss“

Quantitative Analyse der Arbeit der Piratenfraktion in der BVV

Das Ende eines kalendarischen Jahres ist ein guter Zeitpunkt, um mal über die Resultate piratiger BVV-Arbeit zu reflektieren. In diesem Post werde ich mich zuerst einer quantitativen Analyse widmen: wieviel haben die Piraten im Vergleich zu anderen Parteien gearbeitet, welche Instrumente wurden viel verwendet, welche weniger? Es ist klar, dass eine quantitative Analyse nur eine Facette darstellt, da man mit wenigen präzisen Initiativen unter Umständen mehr erreichen kann als mit viel Geschwurbel. Eine qualitativere Analyse folgt in einem separaten Post.

Die Piraten stellen 5 Bezirksverordnete. Damit gehören sie wie die CDU (4) und die Linke (7) zu den kleineren Fraktionen. SPD (13) und Grüne (22) können auf mehr Ressourcen zurückgreifen.

Insgesamt haben die Piraten 59 parlamentarische Vorgänge angestossen (Anträge, Anfragen, Resolutionen). Davon waren 54 rein piratige Initiativen und 5 gemeinsame Initiativen mit anderen Parteien. Gewichtet ergibt das 55,6. Das ist weniger als Grüne (168,26), aber mehr als die CDU (33,6), was ganz klar die unterschiedliche personelle Stärke der Fraktionen widerspiegelt. Wenn man die personelle Stärke einebezieht, ergibt sich folgendes Bild:

Die Piraten sind also recht fleißig.

Eine genauere Analyse der parlamentarischen Tätigkeit zeigt, dass die Piraten sich von den anderen Parteien in ihrer Arbeitsweise unterscheiden, wobei die Interpretation hier noch Schwierigkeiten macht: Die Piraten stellen sehr wenige mündliche Anfragen und bringen wenige Resolutionen ein, sind aber dafür Spitzenreiter bei Anträgen.

Eine Besonderheit ist, dass die Piraten sehr gerne ihre Anträge wieder zurückziehen, ein Vorgehen, das bei anderen Fraktionen seltener vorkommt. Selbst wenn man die zurückgezogenen Anträge herausrechnet (kürzerer Balken in der Grafik), sind die Piraten aber immer noch die fleißigsten Antragsschreiber.

Eine erste vorsichtige Interpretation wäre, dass die Piraten gerne Dinge per Antrag verändern wollen, aber wenig Interesse an Symbolpolitik (Resolutionen) und Showanträgen haben. Statt publikumswirksam Anträge ablehnen zu lassen und eventuell PR-Kapital daraus zu schlagen, werden die Anträge lieber zurückgezogen, wenn keine Mehrheit in Aussicht steht, oder die Gegenseite bessere Argumente hat. Die Abwesenheit von mündlichen Anfragen deutet darauf hin, dass die Piraten ihre Politik zur Zeit noch aus sich selbst heraus generieren und die Arbeit des Bezirksamtes und deren Kontrolle für sie nicht zentral ist. Hierbei ist allerdings anzumerken, dass die Piraten nur mit einer „privilegierten Partnerschaft“ mit den Linken im Bezirksamt vertreten und daher nicht immer auf dem allerneuesten Stand sind. Für die Zukunft wäre zu überlegen, ob mehr pressewirksame Resolutionen und Anfragen erstellt werden sollten, und ob die Praxis des Zurückziehens von Anträgen zielführend ist.

 

Rohdaten:

Verordnete Resolution gemeinsame Resolution Summe Resolutionen Resolutionen/Verordneter Antrag beendete DS laufende DS gemeinsame Anträge Summe Anträge zurückgez. Antrag Summe eingereichte Anträge Behandelte Anträge/Verordneter eingereichte Anträge/Verordneter Grosse Anfrage mdl. Anfrage mdl Anfragen/Verordneter Total Initiativen Initiativen/Verordenter
Grüne 22 4 0.83 4.83 0.2195454545 97 4.43 101.43 2 103.43 4.6104545455 4.7013636364 0 60 2.7272727273 168.26 7.6481818182
SPD 13 1 0.33 1.33 0.1023076923 50 3.43 53.43 2 55.43 4.11 4.2638461538 0 59 4.5384615385 115.76 8.9046153846
Linke 7 3 0.83 3.83 0.5471428571 38 2.93 40.93 4 44.93 5.8471428571 6.4185714286 2 24 3.4285714286 74.76 10.68
Piraten 5 1 0 1 0.2 29 1 1 1.6 32.6 13 45.6 6.52 9.12 1 8 1.6 55.6 11.12
CDU 4 4 0 4 1 11 0.6 11.6 3 14.6 2.9 3.65 0 15 3.75 33.6 8.4
51 12.99 239.99 24 263.99 3 166

„Das hat die letzten 40 Jahre auf Papier auch geklappt“

„Das hat die letzten 40 Jahre auf Papier auch geklappt“. So wurde in der letzten Sitzung des Transparenzausschusses der Antrag der Piraten auf die Benutzung von Etherpad + Beamer in Ausschussitzungen abgekanzelt. Von einem Grünen übrigens, dessen Partei später nochmal wichtig werden wird. Es stimmt natürlich, dass Papier in der Bundesrepublik wertvolle Dienste geleistet hat. Auch die Knotenschnüre der Inkas oder die Tontafeln der Sumerer trugen zur Effektivität der damaligen Verwaltung bei. Mittlerweile sind diese Methoden der Buchhaltung aber nicht mehr in Gebrauch, da sie gewisse Nachteile hatten. So waren die Knotenschnüre recht kompliziert und die Tontafeln eher unhandlich.

Papier hat nun den Nachteil, dass normalerweise nur eine Person daraufschauen kann. Wenn im Ausschuss ein Antrag geändert wird, nimmt der Vorsitzende die Änderung auf und notiert sie in seinem Protokoll. Dann verliest er (idealerweise) den vollständigen geänderten Antrag, so dass (idealerweise) alle wissen, was abgestimmt wird.

Tja, und dann kann es schon mal passieren, dass der Ausschuss über Dinge abstimmt, die der Vorsitzenden nicht notiert hat. Oder dass der Vorsitzende Dinge ins Protokoll schreibt, die der Ausschuss so eigentlich nicht beschlossen haben wollte. Da nur der Ausschussvorsitzende auf das Protokoll schaut, fällt das nicht weiter auf.

Und jetzt kommen die Grünen wieder ins Spiel. Die Drucksache 399 zur Eisenbahnmarkthalle wurde mit den Stimmen der Grünen im Ausschuss von einem Umsetzungsauftrag in einen Prüfauftrag umgewandelt. Dumm nur, dass der Vorsitzende das nicht korrekt nachhielt. Noch dümmer, dass die Fassung, die nicht dem Willen des Ausschusses entsprach, dann auch noch als Beschlussempfehlung den Weg in die Drucksachen für die nächste BVV fand, die in den Fraktionssitzungen besprochen werden. Aber was nun am allerdümmsten ist, ist, dass die Grünen die (falsche) Beschlussempfehlung durchwinken wollten, offensichtlich weil niemand sich die Mühe gemacht hatte, nochmal zu lesen, was da mittlerweile eigentlich im Antrag stand. Oldschool-Pirat Rolf Schümer hatte zum Glück noch die nötige Medienkompetenz für Papier und wies die Grünen auf den Fehler hin. Zusammen mit den Piraten wollen sie jetzt den Antrag entsprechend der Empfehlung des Ausschusses im Plenum wieder umändern.

Wenn, ja wenn, der Antrag per Beamer im Ausschuss an die Wand geworfen worden wäre und die Änderungsanträge in zB Etherpad eingebracht worden wären, dann hätten a) alle lesen können, worüber sie abstimmen und b) hätte die Versionskontrolle von Etherpad den Text zum Zeitpunkt der Abstimmung rekonstruierbar gemacht. Aber dieser moderne Krimskrams ist offensichtlich unnötig, da ja alles immer so gut klappt wie in den letzten 40 Jahren.

RIP Bürgerhaushalt

Bürgerhaushalte sind eine feine Sache. In der Theorie erlauben sie den Bürgern, direkteren Einfluss auf die Mittelverteilung zu nehmen.

Bürgerhaushalte können unterteilt werden in partizipative Haushalte, wo die Entscheidung der Bürger rechtsverbindlich ist, und konsultative, wo man mal fragt, was die Bürger so meinen. Ob und wie die Ergebnisse der Konsultation umgesetzt werden, obliegt immer noch dem Parlament/der Verwaltung.

Weiterhin können Bürgerhaushalte nach ihrem Volumen bewertet werden. Kann der Bürger hier nur Erdnüsse bewegen, oder ist eine echte Einflussnahme auf gehaltvolle Projekte möglich?

Letztendlich spielt die Repräsentativität eine Rolle: haben alle Schichten der Bevölkerung die gleichen Möglichkeiten, am Bürgerhaushalt teilzunehmen, oder werden bestimmte Schichten signifikant bevorzugt oder benachteiligt? Kriterien sind hier vor allem Herkunft, Alter und Bildungsnähe/ferne.

Der Nutzen von Bürgerhaushalten für den einzelnen Bürger ist, dass konkrete Ideen ohne Umweg über die Parlamente eingebracht, bewertet, mit Gleichgesinnten diskutiert und verbessert werden können. Zudem stehen Geldmittel zur Finanzierung zur Verfügung, was einen Bürgerhaushalt z.B. von Liquid Feedback unterscheidet. Für die Verwaltung ist es interessant, das Wissen der Bürger in lokalen Dingen anzuzapfen, um so technokratische und weltfremde Lösungen zu vermeiden. Weiterhin können partizipative Bürgerhaushalte dazu dienen, die Endlichkeit der zur Verfügung stehenden Mittel und die Notwendigkeit der Gegenfinanzierung zu verdeutlichen. Allen Bürgerhaushalten ist gemein, dass sie eine Stärkung des politischen Interesses der Bürger anstreben. Schliesslich können Bürgerhaushalte auch verwendet werden, um ohne viel Aufwand Bürgernähe zu simulieren. Besonders gut geeignet dafür ist ein kleinvolumiger konsultativer Bürgerhaushalt. Hier gibt es relativ wenig Geld zu verteilen, und ausserdem kann das Parlament immer noch den Bürgerwillen überstimmen. Der Bürger hat also sowohl qualitativ als auch quantitativ wenig zu melden, das Risiko für die Verwaltung ist gering, aber man kann sich mi dem Etikett  „Bürgerhaushaltskommune“ schmücken. Bürgerhaushalte sind in der letzten Dekade hip geworden, und alle Kommunen wollen so was haben. Dabei kommen dann aber seltsame Dinge raus.

In Xhain gab es schonmal einen Bürgerhaushalt, der auch heute noch eingesehen werden kann. Die Beteiligung war damals dürftig. Gründe dafür könnten Neuheit, mangelnde Werbung, unzureichende Kommunikationsstrategien, geringe Einflussmöglichkeiten, unzureichende politische Unterstützung oder eine Kombination daraus sein.

In diesem Jahr sollte dann ein neuer Bürgerhaushalt in Angriff genommen werden. Im April wurde eine interfraktionelle Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die bis zur Juni-BVV ein Konzept erstellen sollte. Die Piraten standen dem aufgrund der Kürze der Zeit sehr kritisch gegenüber (schlugen z.B. auch die Aussetzung vor), beteiligten sich aber mit regelmässig mehr als drei Teilnehmern an den Treffen. Die Piratenfraktion kümmerte sich auch um Referenten; nachdem aber ein Referent in einer Fußnote der Tagesordnung unbemerkt ausgeladen wurde, nahm auch hier die Motivation ab. Die anderen Fraktionen waren (ohne CDU) im Mai noch gut vertreten. Ende Mai wurde klar, dass der Zeitplan wie erwartet nicht zu halten war, und die September BVV wurd angepeilt. Linke und SPD brachen weg, und schließlich kam von den Grünen auch nur noch eine Bürgerdeputierte. Dass
der Bezirskbürgermeister unentschuldigt fehlte und auch die Bezirksstadträte selten an den Sitzungen teilnahmen, ließ an der Breite der Unterstützung zweifeln. Die Zivilgesellschaft war hingegen mit dem Stadtteilbüro Friedrichshain und dem Verein Mehr Demokratie sowie verschiedenen Kiezinitiativen gut vertreten. Die Verwaltungsmitarbeiterinnen zeigten sich auch sehr engagiert. Diskussionsverlauf und Ergebnisprotokoll zeigten hingegen häufig signifikante Abweichungen, so dass
regelmässig Mängel angemerkt werden mussten. So ergab die Diskussion z.B.,dass sowohl Offine- als auf Online-Beteiligung möglich sein muss, umverschiedenen Schichten der Bevölkerung eine Teilnahme zu ermöglichen, im
Protokoll war die Online-Beteiligung dann aber verschwunden.

In der Offline-Betetiligung waren ca. 10 Veranstaltungen vorgesehen. Diese verursachen einen signifikanten Overhead (Saalmiete, Equipment, Überstunden). Diese Woche wurden wir informiert, dass  das Bezirksamt bezweifelt,

dass das vorgelegte anspruchsvolle
Rahmenkonzept der interfraktionellen Arbeitsgruppe personell und vom zeitlichen Aufwand
dauerhaft durchgeführt werden kann

, da hierfür aufgrund der generellen Haushaltslage kein Geld vorhanden ist. Die Offline-Beteiligung soll also ausfallen, und der „Bürgerhaushalt“ nur online stattfinden. Die Piraten stehen neuen Technologien offen gegenüber, aber eine Abschaffung der Offlinebeteiligung geht aus Beteiligungsgesichtspunkten nicht. Es kann nicht sein, dass lediglich technikaffine Menschen über die Verwendung der
Bürgerhaushaltsmittel in Xhain entscheiden dürfen und Rentner ohne Internet oder Menschen, die mit der Schriftsprache Schwierigkeiten haben, sich gar nicht mehr äussern können.

Der Bürgerhaushalt in Xhain ist tot. Das angestrebte Format hat nichts mehr mit einem Bürgerhaushalt im engeren Sinne zu tun.  Der Haushalt in Xhain kann derzeit vom Bürger nicht beeinflusst werden. Die bestehenden Instrumente der Bürgerbeteiligung (d.h. die Onlinemöglichkeiten) können aber als „Bezirkliches Vorschlagswesen“ ohne Haushaltsrelevanz weitergeführt werden. Dann muss man sich auch keine Sorgen mehr um Repräsentativität machen.

Das ist ernüchternd. Die Frage, die ich mir stelle, ist aber auch noch: Dies alles muss dem Bezirksbürgermeister und Finanzstadtrat schon im Mai klargewesen sein. Was war also der Sinn der zum Scheitern verurteilten interfraktionellen Arbeitsgruppe?

 

Disclaimer: Dieser Post ist von mir als stellvertretendem Bürgerdeputierten verfasst worden und stellt keine offizielle Aussage der Frakion dar.

Linked Open Data in Friedrichshain-Kreuzberg

Transparenz beinhaltet nicht nur Zugänglichkeit von Informationen, sondern auch Auffindbarkeit. Das genaueste Sitzungsprotokoll nutzt, selbst wenn es veröffentlich ist, nichts, wenn man es unter den tausenden irrelevanten Dokumenten nicht finden kann. Um den Informationsfluss zwischen Verwaltung und Bürger in dieser Hinsicht zu verbessern, hat die Piratenfraktion Xhain eine Bewerbung bei dem EU Projekt LOD2-Publink vorangetrieben. In diesem Projekt geht es darum, Behörden bei der Veröffentlichung von Daten nach den Prinzipien von Linked Open Data beratend zur Seite zu stehen.

Dazu habe ich einen Antragstext formuliert, auf dessen Basis die BVV einstimmig das Bezirksamt mit der Bewerbung beauftragt hat. Dieser Antrag ist diese Woche vom LOD2-Projekt bewilligt worden, und die Analyse der Dokumentenhaltung im Bezirkssystem ALLRIS und möglicher Verbesserungen hat begonnen. Voraussichtlich im April werden die Mitarbeiter des LOD2-Projektes den ersten Lokaltermin mit Verwaltung und Entwicklern in Berlin haben.

Die Entwicklung eines Metadatensystems setzt ein vergleichsweise hohes Spezialwissen voraus, das in der normalen Verwaltung nicht zwangsweise vorhanden ist. Der Betrieb ist dahingegen relativ einfach. Um Daten europaweit leichter zugänglich zu machen, fördert die europäische Union das Projekt „Linked Open Data 2“ mit 7,2 Mio EUR . Im Rahmen dieses Projektes können Verwaltungen unter dem Stichwort „Publink“ kostenfreie Beratung zur Veröffentlichung von durch ihre Verwaltungstätigkeit anfallende Daten beantragen. Neben dem offensichtlichen Gewinn an demokratischer Kontrolle ist dies auch volkswirtschaftlich interessant: Neelie Kroes, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, schätzt den volkswirtschaftlichen Wert von Open Data auf 40 Mrd EUR.

Auf der Ebene des Landes ist Open Data schon länger ein Thema. Die Piratenfraktionen in den BVVen und im AGH werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass den Absichtserklärungen auch DatenTaten folgen. Die nächste Baustelle werden weit gefasste Creative-Commons-Lizenzen für die Veröffentlichung von Daten sein.